Die Sonne versinkt mit zunehmender Geschwindigkeit am Horizont, was den Kutscher immer nervöser werden lässt. Er peitscht die Pferde an, um das schützende Dorf noch rechtzeitig erreichen zu können. Eine unkluge Entscheidung auf dem holperigen Gebirgspfad. Die Kutsche macht einen gewaltigen Satz und eine Achse bricht. Dem Kutscher und seinem Fahrgast bleibt keine andere Wahl, als den Weg zu Fuß fortzusetzen. Zweifellos wird sie die Dunkelheit einholen. Eine höchstwahrscheinlich tödliche Konsequenz in dieser Gegend.
Dieser Fußmarsch ist erste Aktion der Helden von the Darkest Dungeon, einem Rollenspiel mit einem sehr ungewöhnlichen Konzept. Schon bei den ersten Schritten wird klar, dass Helden in Darkest Dungeon Massenware sind und ihr Überleben keine Bedingung des Spiels ist. The Darkest Dungeon verheizt einen nach dem anderen und die Überlebenden können sich äußerst glücklich schätzen. Und das ist nicht der einzige ungewöhnliche Faktor... Das Spielprinzip von the Darkest Dungeon lässt sich am besten mit Ataris Action-Rollenspiel Gauntlet von 1985 vergleichen. Ihr startet mit einer zufälligen Heldentruppe in ein ebenfalls zufällig generiertes Dungeon. Überleben die Helden das Abenteuer, erhalten sie Reichtümer, Ausrüstung und Erbstücke, mit denen das kleine Dorf aufgebaut werden kann. Die dadurch entstehende Taverne, Schmiede, und Kloster sorgen für den Stressabbau und die Weiterentwicklung. Wodurch hoffentlich irgendwann mal eine prachtvolle Stadt und mächtige Helden entstehen.
Viel wahrscheinlicher ist es jedoch, dass einer oder mehrere Mitglieder der Heldengruppe im Dungeon umkommen und eine neue Gruppe her muss. In Darkest Dungeon habt ihr deshalb nicht nur vier Helden, sondern zehn oder zwanzig. Während stets vier davon in ein Dungeon aufbrechen, entspannt sich der Rest. Was auch dringend nötig ist, denn entgegen der meisten herkömmlichen Rollenspiele ist die wichtigste Lebensanzeige der Helden nicht Mana oder Ausdauer, sondern Stress. Dungeons sind grundlegend dunkel und deshalb erkundet ihr sie im Fackellicht. Je dunkler die Fackel wird, desto stressiger wird die Situation für euer Heldenquartet. Einschüchtern ist ein ebenso wichtiger Faktor, wie der angerichtete Schaden am Gegner. Geht der Feind beim ersten Angriff direkt zu Boden, baut das sofort wieder Stress ab. Gewinnen die Attacken der Feinde hingegen die Oberhand, steigt der Stresslevel erneut. Ist der Stress am Maximum angelangt, dreht der Charakter schlichtweg durch. Dadurch wird er unkontrollierbar, setzt teilweise für Runden aus oder ähnliches. Sollte eurer Heldentruppe trotzdem der Sieg oder die Flucht aus dem Dungeon gelingen, müssen anschließend Stress und Geisteskrankheiten (Afflictions) therapiert werden. Zum generellen Stressabbau stehen Saufgelage oder Glückspiel in der Taverne und ein Bordellbesuch ebenso zur Verfügung, wie Meditieren oder Beten im Kloster. Das funktioniert aber mitunter nur, wenn die Krankheiten ausgeheilt sind und dafür müssen die Patienten im Sanatorium eingesperrt werden. Das kostet wiederum Zeit und Gold, was zur Folge hat, dass ihr parallel immer mehrere Heldengruppen heranzüchtet und mit diesen abwechselnd in die Dungeons aufbrecht.
The Darkest Dungeon ist sehr Gegenstandsorientiert, jedoch nicht wie es Diablo-ähnliche-Action-Rollenspiele sind. Hier ist es viel wichtiger welche Gegenstände ihr ins Dungeon mit rein nehmt, um darin überleben zu können. Der Fackelschein sorgt je nach Intensität dafür ob ihr die Feinde überrascht oder sie euch und somit wer den Angriffsvorteil erhält. Unterschiedliche Dot-Arten müssen mit Verbandsmaterial, Gegengift o.ä. verarztet werden und eventuell braucht ihr noch eine Schüppe, um verschüttete Gänge wieder frei zu räumen. Das alles kostet sehr viel Platz und lässt mitunter mal nicht genug Platz, um alle Schätze mitnehmen zu können.
Ähnlich verhält es sich bei den Fertigkeiten der Helden. Nach der Aufrüstung des Dorfes können in der örtlichen Gilde oder beim Überlebenskünstler neue Fertigkeiten erlernt werden, doch für den Ausflug ins Dungeon stehen davon nur vier zur Verfügung. Diese sollten obendrein der Gruppen-Aufstellung entsprechend gewählt werden. Denn the Darkest Dungeon verwendet ein rundenbasierendes Kampfsystem, bei dem die Positionierung die primäre Rolle spielt. Nahkämpfer müssen z.B. auf den vorderen beiden Positionen stehen, um ihre Angriffe anwenden zu können und die Jungfrau (Vestal) oder der Seuchendoktor (Plague Doctor) im Hintergrund, um Heilungen oder Dots verteilen zu können. An der Front stehen sie schlichtweg nicht zur Verfügung. Stattdessen kann die Jungfrau vorne ebenfalls ihre Keule schwingen.
Mehr als zehn sehr abgedrehte Klassen stehen zur euch Auswahl, was sich nicht nur im Namen widerspiegelt. Der Satansbraten (Hellion) schwingt die Hellebarde in der ersten Reihe durch mehrere Feinde gleichzeitig, oder prescht von hinten nach vorne und spießt dabei einen Feind auf. Derartige Positionswechsel verursacht der Enterhaken des Kopfgeldjägers (Bounty Hunter) mit Vorliebe in den feindlichen Reihen und hindert dadurch die Feinde am effektiven Angriff. Optisch stimmungsvoll untermauert werden Abenteuer durch den ungewöhnlichen Grafikstil, den the Darkest Dungeon ist von Anfang bis Ende mit der Hand gezeichnet und enthält keinerlei Rendergrafiken. Ein weiteres Feature, was das Spiel zu etwas einzigartigem macht. Wie genau sich das weiter entwickelt, werden die nächsten Monate zeigen. Der Early-Access zu Darkest Dungeon startet am 3. Februar und der endgültige Release sollte einige Wochen später folgen.